Rückenschule – Curriculum der Deutschen Rentenversicherung Bund

Zusammenfassung

Zielgruppe der Schulung sind Patienten mit (chronischen) Rückenschmerzen und alle interessierten Patienten mit Rückenproblemen.

Wichtige Inhalte der Schulung sind Vermittlung von Wissen zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Rückenproblemen, Erarbeitung von Muskelaktivierungsstrategien und günstigen Bewegungsformen im Alltag, Erörterung der positiven Wirkung köperlicher Aktivität sowie Handlungskompetenz bei ihrer Ausführung, Vermittlung eines bio-psychosozialen Krankheitsverständnisses und Aufbau von Bewältigungskompetenz.

Die Schulung besteht aus sieben Einheiten und ist für eine Gruppe von mindestens 6 bis maximal 15 Teilnehmer konzipiert. Die Leitung obliegt einem Arzt, sowie einem Psychologen und Physiotherapeuten oder Bewegungstherapeuten, der Schwerpunkt liegt auf den bewegungstherapeutischen Professionen.

Autoren Dr. K. Meng, Dipl.-Psych. B. Seekatz, Dr. H. Roßband, unter Mitarbeit des therapeutischen Teams der Klinik Werra
Lizenzhinweise online verfügbar
Bezugsquelle Online Version auf der Homepage der DRV (unter „Krankheiten des Bewegungsapparats“)
Kosten online verfügbar
Schlagworte Rückenschmerzen, Rückenschule
Stand überarbeitete Version 2019
Anmerkungen zum Bezug

Ziele und Inhalte

Zielgruppe des Programms
Fachgebiet/Indikation Orthopädie
Thema/Erkrankung Rückenschule, Rückenschmerzen
Zielgruppe des Programms Erwachsene
besondere Zielgruppenkriterien
  • Patienten mit chronischen Rückenschmerzen
  • interessierte Patienten mit Rückenproblemen in der medizinischen Rehabilitation
Ausschlusskriterien k.A.
Durchführung und Themen
Setting k.A.
Teilnehmerzahl mind. 6 Teilnehmer; max. 15 Teilnehmer
Anzahl der Einheiten 7 Einheiten
Dauer der Einheiten 60 Minuten
Frequenz der Einheiten k.A.
Ziele und Inhalte
Ziele des Programms
  • Wissenserwerb
  • Training von Fertigkeiten
  • Einstellung zu gesundheitsgerechtem Lebensstil
  • Verhaltenstraining oder Übung oder Rollenspiel
Inhalte
  1. Grundlagen: Information über Rückenschmerzen und Therapiemethoden
  2. Rückengesundheit und Bewegungsverhalten: Aufbau und Funktion der Wirbelsäule, Körperwahrnehmung,Schmerz und Bewegungsverhalten
  3. Körperwahrnehmung und Wirbelsäulenstabilisation
  4. Psychische Faktoren: Hilfe bei der Bewältigung von Schmerzen
  5. Körperhaltung und Bewegungsabläufe im Alltag und Beruf: Günstiges Sitzen, Bücken, Heben, Tragen bei Wirbelsäulenstabilisierung
  6. Körperliche Aktivität im Alltag I
  7. Körperliche Aktivität im Alltag II
Anmerkungen zu Zielen und Inhalten Die Lernziele sind im Manual konkret definiert.

Didaktik und Methoden

Benutzte Methoden
Methodenliste
  • Vortrag
  • Diskussion
  • Verhaltenstraining oder Übung oder Rollenspiel
  • Kleingruppenarbeit
  • Einzelarbeit
Anmerkungen zu Methoden
Strukturierungsgrad
Gruppenstruktur geschlossen
(Detailtiefe der Vorgaben, die vom Konzept formuliert werden)
Strukturierungsgrad Methoden mittel
Strukturierungsgrad Zeit hoch
Strukturierungsgrad Struktur hoch
Anmerkungen zur Struktur und Flexibilität Die Reihenfolge der Module ist aufgrund der aufeinander aufbauenden Inhalte festgelegt.
Einbindung externer Ressourcen
Nachsorgemaßnahmen k.A.
Vorbereitungsmaßnahmen k.A.
Einbezug von Angehörigen k.A.
Maßnahmen zum Alltagstransfer Erstellen von Handlungs- und Bewegungsplänen für körperliche Aktivität; Trainingsprotokoll zur Handlungskontrolle
Einbezug von Selbsthilfeorganisationen k.A.
Anmerkungen zu externen Ressourcen k.A.

Rahmenbedingungen

Angaben zu den Dozent:innen
Dozent:innen Arzt; Bewegungstherapeut; Physiotherapeut; Sportwissenschaftler, Sport- und Gymnastiklehrer; Psychologe
Qualifikation des Personals k.A.
Besonderheiten zum Personal
Ausstattung und Material
Materialien der Schulung Folien und Arbeitsblätter; Patienteninformationsheft; Patientenfragebögen; Stundenprotokollblätter
räumliche Voraussetzungen nach Modul: Gruppenraum, Stühle im Halbkreis, Bewegungs-/Gymnastikraum
Besonderheiten zur Ausstattung Beamer; Overhead-Projektor; Filpchart; ggf. Wirbelsäulenmodell; Skelettmodell; Schaubilder; Hilfsmittel wie Stehpult, Lordosekissen, Sitzkeil, Ballkissen, Petziball, Liege, Ball; Hocker; Matten; Bleistifte; Kiste mit Sandsäcken zum Beschweren

Evaluation und Publikationen

Zusammenfassung der Evaluation

Quelle

Meng, K., Seekatz, B., Roßband, H., Worringen, U., Vogel, H. & Faller, H. (2011). Intermediate and long-term effects of a standardized back school for inpatient orthopedic rehabilitation on illness-knowledge and self-management behaviors. A randomized controlled trial. The Clinical Journal of Pain, 27, 248-257.

Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie Universität Würzburg

Beteiligte

Reha-Zentrum Bad Soden, Allendorf

Kontext

interne Evaluation

Evaluationsart

summativ

Design

Kontrollgruppendesign mit Prä-Post-Messung sowie 6- und 12-Monats-Katamnese

Stichprobe

N=360

Patienten einer orthopädischen Rehaklinik mit primärer Diagnose chronischer Kreuzschmerzen

Altersdurchschnitt etwa 50 Jahre, ca. 65% Frauen

Ausschlusskriterien:

  • unzureichende Sprachkenntnisse
  • Alter unter 18 oder über 65
  • Seh- oder Hörschwäche
  • komorbide psychiatrische Erkrankungen
  • schlechter Gesundheitszustand
  • Rentenantrag
Kontrollgruppe

Interventionsgruppe: Patienten erhielten das neue Rückenschulprogramm Kontrollgruppe: Patienten erhielten ein traditionelles Rückenschulprogramm

Gruppenzuweisung

zufällige Gruppenzuweisung mithilfe einer computergenerierten Liste randomisierter Ziffern

Gruppengröße

360 Personen, davon 173 in der Kontrollgruppe und 187 in der Interventionsgruppe

Katamnese
  • Messzeitpunkt 1: bei Aufnahme
  • Messzeitpunkt 2: bei Entlassung
  • Messzeitpunkt 3: nach 6 Monaten
  • Messzeitpunkt 4: nach 12 Monaten
Erhebungsinstrumente
  • Wissen über die Erkrankung (Beurteilung von 45 Aussagen zu Rückenschmerzen bezüglich ihrer Richtigkeit)
  • Körperliche Aktivität (Freiburger Fragebogen zur körperlichen Aktivität FfkA)
  • Haltungsgewohnheiten (Frage nach der Häufigkeit günstiger Körperhaltungen, Bewertung auf Skala von 0-4)
  • Rückenübungen (Frage nach der Häufigkeit bestimmter Rückenübungen in den letzten 3 Wochen, Bewertung auf einer Skala von 1-4)
  • Schmerzbewältigungsstrategien (Fragebogen zur Schmerzverarbeitung FESV)
Schulungsleiter

Kontrollbedingung und Interventionsbedingung wurden von verschiedenen Physiotherapeuten, aber teilweise von denselben Orthopäden und Psychologen geleitet. Die Physiotherapeuten der Interventionsbedingung erhielten TTT-Seminare zur Sicherung des korrekten Behandlungsablaufs.

Primäre Zielgrößen

Patienten der Interventionsgruppe zeigten größeres Wissen über die chronischen Rückenschmerzen und die Behandlung, sowohl bei der Entlassung als auch im 6- und 12-Monate-Follow-up.

Weitere Zielgrößen

Auch bei den Variablen Körperliche Aktivität, Rückenübungen, Haltungsgewohnheiten und Schmerzbewältigungsstrategien wurden kurz- und langfristige Effekte gefunden.

Sonstige Ergebnisse

Es wurden sowohl in der Kontroll- als auch in der Interventionsbedingung Verbesserungen in den Zielgrößen gefunden, die Effekte waren in der Interventionsbedingung jedoch größer.

Einige Behandlungseffekte interagierten mit dem Geschlecht: Die Rückenschule zeigte bessere Effekte bezüglich körperlicher Aktivität und Haltungsgewohnheiten bei Männern als bei Frauen.

Diskussion

Effekte waren (wie erwartet) maximal klein bis mittel, da die Probanden der Kontrollbedingung auch aktiv behandelt wurden und die Rückenschule nur einen geringen Anteil der Gesamtbehandlung in der Rehabilitation ausmacht. Daher wären zur abschließenden Klärung der Effektiviät des neuen Rückenschul-Programms Studien mit einer unbehandelten Kontrollgruppe nötig. Bezüglich der Geschlechtsunterschiede in einigen Variablen stellt sich die Frage, ob Männer ein größeres Bedürfnis nach den angewandten Methoden und Strategien (wie z.B. Planen) haben, oder diese besser umsetzen können. Eine weitere Erklärung wäre, dass Männer und Frauen von verschiedenen Formern der Intervention profitieren. Alles in allem zeigte das Programm gute Ergebnisse in den Selbst-Management-Variablen, was auf den biopsychosozialen, behavioralen und aktivitätsbezogenen Ansatz zurückgeführt werden kann.

Limitationen:

  • fehlende Generalisierbarkeit, da die Studie nur in einer Klinik durchgeführt wurde
  • Randomisierung teilweise auf Gruppen-Ebene
  • Länge der Rückenschulprogramme waren unterschiedlich
  • Verschleierung der Gruppenzugehörigkeit nur für Teile des Programms möglich
  • Gruppengröße für mittlere Effekte kalkuliert
  • kein Fokus auf distalem Behandlungserfolg

Evaluationsergebnis Wirksamkeit bestätigt
Publikation(en) zur Evaluation Meng, K., Seekatz, B., Roßband, H., Worringen, U., Vogel, H. & Faller, H. (2011). Intermediate and long-term effects of a standardized back school for inpatient orthopedic rehabilitation on illness-knowledge and self-management behaviors. A randomized controlled trial. The Clinical Journal of Pain, 27, 248-257.
weitere Publikationen Meng, K., Seekatz, B., Roßband, H., Worringen, U., Faller, H. & Vogel, H. (2009). Entwicklung eines standardisierten Rückenschulungsprogramms für die orthopädische Rehabilitation. Die Rehabilitation, 48, 335-344.

Train-the-Trainer

spezifisches TTT vorhanden? ja
Informationen zum TTT Die Deutschen Rentenversicherung Bund bietet wiederholt ein Train-The-Trainer zu diesem Programm an. Aktuelle Termine zu therapeutischen Fortbildungen finden Sie auf der Homepage der DRV. Auch das ZePG hat das TTT zu dieser Schulung in seinem Fortbildungsprogramm

Anmerkungen zum gesamten Programm

Das vorliegende Manual ist eine Ausarbeitung des Curriculum “Rückenschule” des Gesundheitsprogramms der Deutschen Rentenversicherung (Version III). Die zweite Version (BfA, 2005) wurde hinsichtlich des aktuellen Kenntnisstands zur Rehabilitation von Rückenschmerzen und zum Aufbau von Gesundheitsverhalten aktualisiert.

Stand des Eintrags: 09.03.2023