Klimawandel und Gesundheit – muss die medizinische Rehabilitation neue Wege gehen?

Diskussionsforum Reha-Kolloquium 2022

Beim 31. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium vom 7. – 9. März 2022 in Münster wurde von unserem Vorstandsmitglied Dr. Petra Becker ein Diskussionsforum ausgerichtet. Hier wurden erstmals im Bereich der Rehabilitationsforschung die Herausforderungen des Klimawandels für die rehabilitative Versorung diskutiert.

Hintergrund

Der Klimawandel bedroht unsere Gesundheit. Besonders betroffen sind kleine Kinder, Schwangere, alte Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen und Behinderungen. Die Auswirkungen betreffen sowohl den Körper als auch die Psyche. Beispiele sind die Zunahme von Infektionskrankheiten und nicht-übertragbaren Krankheiten wie Allergien, die Verstärkung von Symptomen bei Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Hautkrebs, psychische Belastungen wie Stress, Angst und Depressionen sowie posttraumatische Belastungsstörungen nach Exremwetterereignissen. Es verändern sich sowohl die Häufigkeiten von Krankheiten als auch die Behandlungsbedarfe.

Ein gesunder Lebensstil ist nicht nur präventiv und rehabilitativ wichtig, er kann gleichzeitig auch das Klima und die Umwelt schonen (Co-Benefits). Mit diesen Zusammenhängen zwischen funktionsfähigem Ökosystem und der Gesundheit beschäftigt sich die Metadisziplin „Planetary Health“.

Aus dieser Perspektive widmete sich das Diskussionsforum der Frage, inwiefern die medizinische Rehabilitation dazu beitragen kann und muss, Menschen mit gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zu behandeln und ein Bewusstsein für einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil zu wecken.

Diskutiert wurden zahlreiche Fragen: Welcher Zusammenhang besteht aus sozialmedizinischer Sicht zwischen menschlicher und planetarer „Funktionsfähigkeit“? Wie beeinflussen die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels den quantitativen und qualitativen Rehabilitationsbedarf? Gibt es relevante klimabedingte Funktions- und Teilhabebeschränkungen? Sollten die Risiken des Klimawandels in die Therapie-, Schulungs- und Beratungsinterventionen in der medizinischen Rehabilitation integriert werden? Ist ein nachhaltiger Lebensstil eine Dimension des Rehabilitationserfolgs? Welcher Forschungsbedarf zu Klimafolgen und Rehabilitationsbedarf und -konzepten entsteht?

Moderation, Präsentation und Diskussion

  • Dr. Petra Becker (Dr. Becker Klinikgesellschaft) – Moderation
  • Dr. Christian Schulz (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, KLUG) – Planetary Health Gesundheitsfolgen des Klimawandels
  • Dr. Andrea Reusch (ZePG e.V.) – Psychische Belastungen durch Klimawandel
  • Dr. Alina Herrmann (Heidelberger Institut für Global Health) – Klimawandel und Lebensstilmedizin- Co-Benefits klimafreundlicher Lebensstile
  • Katharina Wabnitz (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, KLUG) – Medizinisches Ethos im 21. Jahrhundert: Werte und Werthaltungen zum Schutz der Lebensgrundlagen als Kontextfaktoren der Teilhabefähigkeit
  • Dr. Bories, Chefarzt Kardiologie, Dr. Becker Klinik Möhnesee – Praxiserfahrungen aus der Klinik Möhnesee (ohne Präsentation)

Präsentationen der Referent:innen


Planetary Health – Gesundheitsfolgen des Klimawandels

Dr. Christian Schulz (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, KLUG)


Psychische Belastungen durch Klimawandel

Dr. Andrea Reusch (ZePG e. V.)


Klimawandel und Lebensstilmedizin – Co-Benefits klimafreundlicher Lebensstile

Dr. Alina Herrmann (Heidelberger Institut für Global Health)


Medizinisches Ethos im 21. Jahrhundert: Werte und Werthaltungen zum Schutz der Lebensgrundlagen als Kontextfaktoren der Teilhabefähigkeit

Katharina Wabnitz (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, KLUG)

Literatur

  1. Augustin, J., et al. (2017). Gesundheit. Klimawandel in Deutschland: Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven. G. P. Brasseur, D. Jacob and S. Schuck-Zöller. Berlin, Heidelberg, Springer: 137-149.
  2. Hübler, M., Institut für Weltwirtschaft Kiel, Klepper, G. (2007). Kosten des Klimawandels – Die Wirkung steigender Temperaturen auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit, www.wwf.de, https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Kosten_des_Klimawandels_Gesundheitsstudie.pdf [abgerufen am 10.03.2022].
  3. Günster, C.; (2021): Versorgungs-Report: Klima und Gesundheit. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. DOI: https://doi.org/10.32745/9783954666270
  4. Prescott, S.L. et.al. (2018): The Canmore Declaration: Statements of Principles for Planetary Health. Challenes 9 (2), 31.
  5. Traidl-Hoffmann, C. et al. (Hrsg.) (2001): Planetary Health – Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthropozän; Berlin, Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
  6. Traidl-Hoffmann, C.; Trippel, K. (2021): Überhitzt. Die Folgen des Klimawandels für unsere Gesundheit. Berlin, Dudenverlag.
  7. WHO (2021): COP26 special report on climate change and health: the health argument for climate action. Geneva: World Health Organization. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
  8. Wolf, K.; Hoffmann, B.; Anderson, Z.J., Atkinson, R.W.; Bauwelinck, M.; Bellander, T. (2021): Long-term exposure to low-level ambient air pollution and incidence of stroke and coronary heart disease: a pooled analysis of six European cohorts within the ELAPSE project; The Lancet Planetary Health Vol5; September 2021, e620-632.