Ein Schulungsprogramm für PatientInnen mit Fibromyalgie-Syndrom (FimS)

Zusammenfassung

Das Manual wurde im Rahmen des Forschungsprojektes „Entwicklung eines Schulungsprogramms für PatientInnen mit Fibromyalgie-Syndrom“ für den Einsatz in der (ambulanten und stationären) Rehabilitation erstellt.

Ziel der Schulung ist insbesondere die Förderung und Stärkung von Selbstmanagementkompetenzen, um den Patienten zu ermöglichen, mit Ihrer Erkrangung und deren Auswirkungen in Beruf und Alltag besser umgehen zu können. Neben der Wissensvermittlung und Aufklärung zum Krankheitsbild und zu möglichen Therapieverfahren werden verschiedene Bewältigungsmaßnahmen aufgezeigt. Daraus sollen individuelle Strategien abgeleitet sowie langfristig die Eigenaktivität und Selbstwirksamkeitserwartung erhöht und Handlungskompetenz erworben werden.

Die Schulung umfasst 6 Module, ist für 5 bis 12 Teilnehmer konzipiert und wird von Ärzten, Psychologen und Bewegungs- oder Physiotherapeuten geleitet.

Autoren Dipl.-Päd. Karolina Siemienik & Dr. Inge Ehlebracht-König Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Rehazentrum Bad Eilsen
Lizenzhinweise publiziert
Bezugsquelle Die Autoren haben das aktuelle Manual und alle Arbeitsmaterialen auf der Homepage des Zentrums Patientenschulung zur Verfügung gestellt: Manual und Arbeitsmaterialien herunterladen [ZIP mit 4 PDFs – 4,2 MB]. Das Manual kann wie folgt zitiert werden: Siemienik, K., Reusch, A., Musekamp, G. & Ehlebracht-König, I (2014). Ein Schulungsprogramm für Patienten und Patientinnen mit Fibromyalgie-Syndrom – Manual -. Verfügbar unter: xxx
Kosten kostenfrei erhältlich
Schlagworte Fibromyalgie
Stand Das hier beschriebene Schulungsprogramm basiert auf der Schulung „Fibromyalgie“ der DGRh (1998). Die neue Schulung wurde in zwei Forschungsprojekten der Deutschen Rentenversicherung Bund weiterentwickelt. In der ersten Studie (Ehlebracht-König, Bad Eilsen) wurde gemeinsam mit der Gruppe Fibromyalgie in der Rehabilitation (FiRe-Net) die DGRh-Schulung überarbeitet und formativ evaluiert (Siemienik & Ehlebracht-König, 2013). In der zweiten Studie „FimS“ (Faller & Reusch, Universität Würzburg) wurde diese Schulung formal aufgearbeitet und summativ evaluiert (Siemienik, Reusch, Musekamp & Ehlebracht-König, 2014).
Anmerkungen zum Bezug

Ziele und Inhalte

Zielgruppe des Programms
Fachgebiet/Indikation Rheumatologie
Thema/Erkrankung Patienten mit Fibroymalgie-Syndrom in der medizinischen Rehabilitation (sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich)
Zielgruppe des Programms Erwachsene
besondere Zielgruppenkriterien Patienten mit Fibroymalgie-Syndrom in der medizinischen Rehabilitation. Voraussetzung für die Teilnahme an der Schulung ist die Diagnosestellung und ein Vorgespräch mit dem Arzt oder Psychotherapeuten. Eine heterogene Alterszusammensetzung bzw. Erkrankungsdauer wird explizit als Vorteil angesehen, weil es den Gruppenaustausch der Patienten untereinander anregen kann.
Ausschlusskriterien
  • mangelnde deutsche Sprachkenntnisse
  • mentale Verständnisschwierigkeiten/-probleme
  • deutliches Desinteresse bzw. fehlende Grundmotivationen
  • evtl. auch psychische Komorbiditäten, die mit einer mangelnden Gruppenfähigkeit einhergehen
Durchführung und Themen
Setting ambulant und stationär umsetzbar
Teilnehmerzahl mindestens 5, maximal 12 Teilnehmer
Anzahl der Einheiten 6 (+ optionales Vorbereitungsmodul)
Dauer der Einheiten 90 Minuten
Frequenz der Einheiten 2-3 Module pro Woche (bei stationärer Durchführung in einer Klinik) oder 2-3 Module pro Tag (bei stationärer Durchführung bspw. als Wochenendseminar)
Ziele und Inhalte
Ziele des Programms
  • Wissenserwerb
  • Training von Fertigkeiten
  • Einstellung zu gesundheitsgerechtem Lebensstil
  • Unterstützung zur Reduktion von Angst und Depressivität
  • Training der (krankheitsbezogenen) sozialen Kompetenz
Inhalte
  • Modul 0: Einführung und Vorbesprechung (optional)
    • Organisatorisches und Gruppenregeln
    • Vorstellungsrunde
    • Interessensammlung und Fragen der Patienten
    • Inhaltlicher Überblick über die Schulung
  • Modul 1: Das Fibromyalgie-Syndrom
    • Was bedeutet das?
    • Symptomkomplex des Fibromyalgie-Syndroms
    • Definition und Diagnosekriterien
    • Arzt-Patient- Kommunikation
    • Verlauf und Prognose
    • Ätiologie und Pathogenese
    • Epidemiologie
  • Modul 2: Wie wird das Fibromyalgie-Syndrom behandelt?
    • Behandlungsansätze
    • Medikamente
    • Körperbezogener Therapiemaßnahmen
    • Psychotherapie
    • Weitere Therapieformen
  • Modul 3: Dem Schmerz begegnen!
    • Begriffsklärung Schmerz und Veranschaulichung der Schmerzentstehung
    • Auswirkungen von Schmerzen
    • Wechselwirkung von Schmerz, Depressivität und Angst
    • Schmerzbewältigungstechniken
    • Kommunikation als wesentlicher Bestandteil der Schmerzbewältigung
  • Modul 4: Mir tut alles weh!
    • Warum also Bewegung?
    • Die Vielfalt von Trainings- und Sportarten
    • Auswirkungen körperlicher Bewegung
    • Richtige Durchführung von Übungen zu Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer
    • Trainingsregeln für die Durchführung von körperlichen Aktivitäten
    • Das persönliche Bewegungsprogramm einschließlich Hindernisse und Lösungsmöglichkeiten
  • Modul 5: Mir wächst alles über den Kopf!
    • Wege aus dem Stress
    • Stressentstehung und Stressoren
    • Stressreaktionen und Auswirkungen
    • Stress und Schmerz
    • Einflussmöglichkeiten auf Stress
    • Durchführung von einfachen Übungen
    • Konflikte am Arbeitsplatz Kommunikationsmodell
  • Modul 6: Gestärkt in den Alltag!
    • Information über die Erkrankung an Mitmenschen
    • Bewegungsprogramm, Ziele setzen für den Alltag
    • Bedeutung von Genuss, Genussregeln
    • Bewertung des Schulungsprogramms aus Patientensicht
Anmerkungen zu Zielen und Inhalten Das Manual enthält an verschiedenen Stellen zusätzliche fakultative Elemente, mit denen bei der Durchführung auf besondere Interessenlagn der Teilnehmer eingegangen werden kann.

Didaktik und Methoden

Benutzte Methoden
Methodenliste
  • Vortrag
  • Diskussion
  • Verhaltenstraining oder Übung oder Rollenspiel
  • Kleingruppenarbeit
  • Einzelarbeit
Anmerkungen zu Methoden Die Schulung ist patientenorientiert und themenzentriert ausgerichtet. Statt reiner Wissensvermittlung (Vorträge) ist der Einbezug und die aktive Teilnahme der Patienten erwünscht (interaktive Methoden).
Strukturierungsgrad
Gruppenstruktur geschlossen
(Detailtiefe der Vorgaben, die vom Konzept formuliert werden)
Strukturierungsgrad Methoden hoch
Strukturierungsgrad Zeit hoch
Strukturierungsgrad Struktur mittel
Anmerkungen zur Struktur und Flexibilität Der Schulungsleiter kann auf Grundlage der eigenen Erfahrung und der Interessen der Patienten die Lehrziele flexibel abarbeiten bzw. inhaltliche Schwerpunkte setzen. Bei der Abfolge der Module besteht eine gewisse Flexibilität.
Einbindung externer Ressourcen
Nachsorgemaßnahmen Eine Weiterführung der Schulungsinhalte in anderen therapeutischen Angeboten der Klinik wird empfohlen.
Vorbereitungsmaßnahmen Das fakultative Modul 0 kann genutzt werden, um die Teilnehmer mit den Inhalten der Schulung und untereinander bekannt zu machen. Ziel ist eine gute Gruppenatmosphäre und eine Sammlung der Interessen der Patienten.
Einbezug von Angehörigen
Maßnahmen zum Alltagstransfer Im letzten Modul wird die Zeit nach der Reha vorbereitet (Ziele für den Alltag, Trainingsvereinbarung)
Einbezug von Selbsthilfeorganisationen k.A.
Anmerkungen zu externen Ressourcen k.A.

Rahmenbedingungen

Angaben zu den Dozent:innen
Dozent:innen Die Patientenschulung wird von einem interdisziplinären Team bestehend aus Ärzten (Module 1 und 2), Psychologen (Module 3, 5 und 6) und Bewegungs- bzw. Physiotherapeuten (Modul 4) durchgeführt.
Qualifikation des Personals Neben Fachkenntnissen sollten auch methodische und didaktische Kenntnisse der Erwachsenenbildung und nach Möglichkeit Erfahrungen im Umgang mit Fibromyalgie- Syndrom Patienten vorhanden sein. Ein Interesse an der Arbeit mit den von vielen als schwierig und klagsam erlebten Betroffenen wird vorausgesetzt, um eine motivierende und empathische Haltung einnehmen zu können.
Besonderheiten zum Personal Der Schulungsleiter sollte Alltagskleidung tragen (kein „weißer Kittel“); die Inhalte der jeweils anderen Schulungsstunden sollten den Dozenten aller beteiligten Berufsgruppen bekannt sein.
Ausstattung und Material
Materialien der Schulung

Das Manual enthält die PowerPoint- bzw. Overhead-Folien, Patienteninformationen sowie Arbeitsblätter

räumliche Voraussetzungen Der Schulungsraum sollte eine kreisförmige Bestuhlung ermöglichen.
Besonderheiten zur Ausstattung Flipchart, Metaplanwand, Whiteboard, Karteikärtchen oder Arbeitsblätter, evtl. Schnellhefter für die Patienten; beim Einsatz der Medien spricht das Manual dem Dozenten Freiheitsgrade zu: abhängig von der Erfahrung mit Schulungssituationen kann der Medieneinsatz selbstständig angepasst werden.

Evaluation und Publikationen

Zusammenfassung der Evaluation

Die Schulung wurde in einem Forschungsprojekt der Universität Würzburg (Laufzeit 2014-16) summativ evaluiert. Die Ergebnisse sind auf der Projektseite zusammengefasst. Im Rahmen der Entwicklung der Schulung wurde das Programm bereits formativ evaluiert. Diese Ergebnisse werden hier knapp zusammengefasst.

Quelle

Förderung der Deutschen Rentenversicherung Bund: Förderkennzeichen 0423/00-40-65-50-28, Laufzeit: 2010-2013 Projektleitung: Dr. Inge Ehlebracht-König, Rehazentrum Bad Eilsen der Rentenversicherung Braunschweig-Hannover Abschlussbericht des Projekts Auf dem Forschungsportal der Deutschen Rentenversicherung Bund finden Sie ebenfalls noch weitere Informationen zu dem Projekt.

Beteiligte

  • Rehaklinik Glotterbad
  • Rheumaklinik Aachen
  • MediClin Bliestal Kliniken
  • Universitätsklinikum Freiburg und Rehaklinikum Bad Säckingen GmbH
  • Celenus Klinik Kinzigtal
  • Psychosomatische Fachklinik Gengenbach GmbH
  • Rehazentrum Bad Eilsen
  • Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung e.V.
  • Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.

Kontext

multizentrische Studie

Evaluationsart

formative Evaluation (Entwicklungsstudie)

Phasen

Phase 1: Sichtung der bestehenden Programme

Phase 2: Bewertung der Programme, Durchführung von Fokusgruppen, Entwicklung eines Kategoriensystems

Phase 3: Neuentwicklung bzw. Aktualisierung eines Patientenschulungs- programms Fibromyalgie-Syndrom Manualerstellung

Phase 4: Pilottestung und ggf. Modifizierung des Programms, Akzeptanzbefragung und Dokumentationsbogen

Akzeptanzbefragung

  • N=64 Patientinnen (6 männliche)
  • Alter: M=61 Jahre, SD=8,7 Jahre

Die vorliegenden Daten zur Akzeptanz zeigen, dass das Schulungsprogramm von den Teilnehmern positiv bewertet wurde. Die Mittelwerte zur Gesamtbewertung hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Verständlichkeit, der Wichtigkeit des Seminars, der Wichtigkeit von Teilnehmerunterlagen, des Nutzens der Gruppengespräche/des Erfahrungsaustauschs, des Gruppengefühls als auch des Nutzens und der Wichtigkeit von Arbeitsblättern lagen auf der sechsstufigen Skala (1=bestmögliche Bewertung; 6=schlechteste Bewertung) zwischen 1,23 und 2,03. Die Schulung wurde als empfehlenswert erachtet.

Sonstige Ergebnisse

Der Abschlussbericht enhält eine ausführliche Darstellung der Durchführung der vier Phasen sowie die Ergebnisse der Fokusgruppen und Akzeptanzbefragung.

Train-the-Trainer

spezifisches TTT vorhanden? k.A.

Anmerkungen zum gesamten Programm

Stand des Eintrags: 28.09.2022