Göttinger Rücken-Intensiv-Programm (GRIP)

Zusammenfassung

Das Göttinger Rücken Intensiv Programm (GRIP) ist ein multimodales Behandlungsprogramm für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Das Konzept umfasst den gesamten Behandlungsablauf, von der Diagnostik über Körpertraining, psychotherapeutischen Interventionen und Work-Hardening und geht mit diesem umgreifenden Ansatz über die Definition der Patientenschulung hinaus.

Die verhaltensmedizinischen Ziele des Programms bestehen aus Erhöhung des Aktivitätsniveaus, Abbau des inadäquaten Krankheitsverhaltens, Steigerung des Kontrollerlebens und Abbau von Angst und Depressivität. Konzipiert ist das Programm für Kleingruppen mit 8-10 Teilnehmer. Durch den multimodalen Aufbau kann das Programm variiert werden, so dass der psychotherapeutische Teil beispielsweise berufsbegleitend und oder für voll arbeitsunfähige Patienten durchgeführt werden kann. Die Durchführung erfolgt in 10 bzw. 20 Einheiten.

Autoren Jan Hildebrandt, Michael Pfingsten, Susanne Lüder, Sören Lucan, Jan Pauls, Dagmar Seeger, Joachim Strube, Stefani v. Westernhagen, Andrea Wendt (Hrsg.)
Lizenzhinweise publiziert
Bezugsquelle Hildebrandt, J., Pfingsten, M., Lüder, S., Lucan, S., Pauls, J., Seeger, D., Strube, J., V. Westernhagen, S. & Wendt, A. (Hrsg.)(2003). Göttinger Rücken- Intensiv-Programm (GRIP) – Das Manual. Berlin: congress compact verlag. ISBN 3-9808025-8-2
Kosten 24 Euro
Stand 1. Auflage 2003

Ziele und Inhalte

Zielgruppe des Programms
Fachgebiet/Indikation indikationsübergreifend, Orthopädie
Thema/Erkrankung Chronischer Rückenschmerz
Zielgruppe des Programms Erwachsene
besondere Zielgruppenkriterien k.A.
Ausschlusskriterien
  • Rückenschmerzen spezifischer Genese (z. B. Entzündungen, Tumoren, rheumatische Erkrankungen)
  • schwere Deformitäten (Skoliose, Kyphose)
  • eindeutige radikuläre Schmerzen (durch Stenosen, Bandscheibenvorfälle)
  • Indikationen für ein operatives Vorgehen
  • Herz/Kreislauferkrankungen
  • schwere Atemwegserkrankungen
Durchführung und Themen
Setting ambulant und stationär umsetzbar
Teilnehmerzahl Kleingruppen von 8-10 Teilnehmern
Anzahl der Einheiten berufsbegleitend 10, stationär 20 Einheiten
Dauer der Einheiten AU-Patienten: 6 Stunden / berufsbegleitend: 2,5 Stunden
Frequenz der Einheiten AU-Patienten: 5mal wöchentlich / berufsbegleitend: 2mal wöchentlich
Ziele und Inhalte
Ziele des Programms
  • Wissenserwerb
  • Training von Fertigkeiten
  • Einstellung zu gesundheitsgerechtem Lebensstil
  • Unterstützung zur Reduktion von Angst und Depressivität
Inhalte Teil I: Körperliche Untersuchung
Teil II: Psychotherapeutische Intervention
Teil III: Trainingstherapie
Teil IV: Work-Hardening
Anmerkungen zu Zielen und Inhalten Die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit (functional restoration) wird in den Mittelpunkt des Programms gestellt, dabei werden explizit neue verhaltenstherapeutische Erkenntnisse zum Angst-Vermeidungs-Konzept berücksichtigt.

Didaktik und Methoden

Benutzte Methoden
Methodenliste
  • Vortrag
  • Diskussion
  • Verhaltenstraining oder Übung oder Rollenspiel
  • Einzelarbeit
Anmerkungen zu Methoden Die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit (functional restoration) wird in den Mittelpunkt des Programms gestellt, dabei werden explizit neue verhaltenstherapeutische Erkenntnisse zum Angst-Vermeidungs-Konzept berücksichtigt.
Strukturierungsgrad
Gruppenstruktur k.A.
(Detailtiefe der Vorgaben, die vom Konzept formuliert werden)
Strukturierungsgrad Methoden mittel
Strukturierungsgrad Zeit gering
Strukturierungsgrad Struktur mittel
Anmerkungen zur Struktur und Flexibilität
Einbindung externer Ressourcen
Nachsorgemaßnahmen k.A.
Vorbereitungsmaßnahmen Im Rahmen einer umfangreichen psychologischen Diagnostik werden zur der Therapieplanung und -kontrolle im Vorfeld das Schmerzerleben, Arbeitszufriedenheit und subjektiv erlebte Beeinträchtigungen erfasst.
Einbezug von Angehörigen k.A.
Maßnahmen zum Alltagstransfer Koordinative Umsetzung der gelernten Einzel-Bewegungen in Alltagsaktivitäten, speziell Arbeitsplatzsituationen. Erlernen von Ausgleichsbewegungen, motorisches Lernen. Vermittlung eines Heimprogramms zur Dehnung und Kräftigung der Muskulatur bzw. als Selbsthilfemaßnahme bei Schmerzen. Besonders in der berufsbegleitenden Version sind Hausaufgaben (Selbstbeobachtungen, Protokollierung therapierelevanter Inhalte) vorgesehen.
Einbezug von Selbsthilfeorganisationen k.A.

Rahmenbedingungen

Angaben zu den Dozent:innen
Dozent:innen Arzt, Psychologe
Qualifikation des Personals k.A.
Besonderheiten zum Personal Für den Psychologen ist es notwendig den vollständigen Behandlungsdurchlauf mitzutrainieren.
Ausstattung und Material
Materialien der Schulung

diagnostische Fragebögen, Folienvorlagen, Arbeitsblätter (v.a. für Teil III: Psychotherapeutische Interventionen)

Materialien können als PDF herunter geladen werden.

räumliche Voraussetzungen k.A.
Besonderheiten zur Ausstattung k.A.

Evaluation und Publikationen

Zusammenfassung der Evaluation

Quelle „Work Hardening“ – Evaluation und Implementation des Work Hardening-Programms bei Patienten mit chronischen unspezifischen Rückenschmerzen in der stationären medizinischen Rehabilitation. Abschlussbericht de Projekts B1 im Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbund Bayern (RFB)
Beteiligte Gefördert von der Deutschen Rentenversicherung und dem Bundesministerium für Bildung und Familie
Kontext Studienkontext (interne vs. externe Ev., Pilotstudie, multizentrische Studie, …)
Evaluationsart Prospektive kontrollierte randomisierte Studie
Design Konrollgruppendesign
Stichprobe Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (seit mind. 6 Monaten); Arbeitsunfähigkeit von mind. 6 Wochen in den letzten 12 Monaten, Alter zwischen 18 und 57 Jahren
Kontrollgruppe Die Interventionsgruppe nahm an einem 4-wöchigem Work-Hardening-Programm teil, während die Kontrollgruppe eine Standardbehandlung bekam, die ebenfalls vier Wochen umfasste. Beide Bedingungen wurden in geschlossenen Gruppen realisiert.
Gruppenzuweisung Cluster-randomisiert
Gruppengröße Vollständige Datensätze für Interventionsgruppe: 56, Kontrollgruppe: 59
Katamnese Messzeitpunkte:
  • t0: Vor Beginn der Reha-Behandlung
  • t1: Bei Abschluss der Reha-Behandlung
  • t2: 3 Monate nach der Behandlung
  • t3: 12 Monate nach der Behandlung
Erhebungsinstrumente
  • Funktionskapazität (Hauptzielgröße; Funktionsfragebogen, FFbH-R)
  • Schmerzbezogene Emotionen, Kognitionen, Copingstrategien (Kieler Schmerz-Inventar, KSI)
  • Schmerzintensität (Numerische Ratingskala, NRS)
  • Annahmen zu Angst und Vermeidung (Fear Avoidance Beliefs Questionaire, FABQ)
  • Dynamische Kraftausdauer der Rumpfmuskulatur (Test nach Spring et al. sowie Müller)
  • Kraftausdauer an auxotonischen Krafttrainingsgeräten (Testung nach Schmidtbleicher et al.)
  • Wirbelsäulenbeweglichkeit (Pointer mobility System „ZEBRIS“ und Schober-Maß)
  • Hüftbeweglichkeit und Dehnfähigkeit (Straight Leg Raising, Finger-Boden-Abstand)
  • Funktionelle Hebekapazität (PILE Hebetest)
  • Maximale isometrische Kraft der Rumpfmuskulatur (IPN Back Check-System)
  • Allgemeine aerobe Ausdauerkapazität (IPN Fahrradergometer-Test mit Laktatbestimmung)
  • Projektübergreifende Instrumente (SF-36, IRES-2, SF-Comorbid, FBS-B, FREM-17, BSI (2 Skalen), ZUF-8, KKG, Wirkall, Katamnese-Fragebogen)
Schulungsleiter k.A.
Primäre Zielgrößen Hauptzielgröße Funktionskapazität: Es zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen IG und KG (Verbesserungen in Teilstichproben zwischen t0 und t1 sind nach drei und zwölf Monaten wieder zurück gegangen).
Weitere Zielgrößen Nicht-signifikante Ergebnisse werden berichtet. In den Nebenzielgrößen allgemeiner Gesundheitszustand, Selbsteinschätzung Gesundheit, Körperliche Rollenfunktion, Somatischer Status und aktuelle Schmerzstärke wird kein bedeutsamer Unterschied festgestellt. In den körperlichen Testergebnissen zeigen sich in beiden Bedingungen Verbesserungen, aber keine Unterschiede zwischen den Gruppen.
Sonstige Ergebnisse In den Nebenzielkriterien zeigen sich ebenfalls keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsformen. Beide Gruppen profitieren von der Rehabilitation, wobei die Effekte zur 12-Monatskatamnese rückläufig sind.
Diskussion Ein Grund für das Ausbleiben von Unterschieden zwischen den beiden Interventionen wird von den Autoren darin gesehen, dass die Standardbehandlung inzwischen ebenfalls multimodalen Charakter aufweist und Veränderungen im volkswirtschaftlichen, gesundheits- und arbeitspolitischem Umfeld nicht zu unterschätzende Einflüsse haben dürften. Zudem hatten alle Patienten relativ hohe Ausgangswerte in der Funktionskapazität, so dass die Annahme eines Deckeneffekts nahe liegt. Schließlich werden die geringen Fallzahlen für das Ausbleiben der tendenziell vorhandenen Effekte herangezogen.
Weiteres

Im Manual selbst sind die Ergebnisse von Prä-Post-Erhebungen bei 762 Patienten enthalten, die im Laufe von 12 Jahren erhoben wurden. In diesem Zeitraum wurde das Programm in vier verschiedenen Umsetzungen durchgeführt (GRIP I – GRIP IV) und zwischen der Behandlung arbeitsunfähiger Patienten und berufsbegleitender Behandlung unterschieden wurde. Berichtet werden Verbesserungen in subjektiven Parametern (Zufriedenheit, Depressivität, Schmerz, Befinden, Beeinträchtigungen) und objektive Messgrößen (Arbeitsunfähigkeit, Inanspruchnahme des Gesundheitssystems)

außerdem: Hildebrandt, J., Pfingsten M, Franz C, Seeger D, Saur P (1996) Das Göttinger Rücken Intensiv Programm (GRIP), Teil 1: Ergebnisse im Überblick. Schmerz 10, 190-203

weitere Publikationen Hildebrandt, J., Pfingsten, M., Franz, C. et al. Das Göttinger Rücken Intensiv Programm (GRIP)—ein multimodales Behandlungsprogramm für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, Teil 1. Schmerz 10, 190–203 (1996). https://doi.org/10.1007/s004820050040

Train-the-Trainer

spezifisches TTT vorhanden? k.A.
Informationen zum TTT k.A.

Anmerkungen zum gesamten Programm

Es sind sowohl das theoretische Konzept als auch konkrete Anleitungen inkl. diagnostischem und therapeutischem Material zusammengestellt.

Stand des Eintrags: 15.03.2022