Stressbewältigung am Arbeitsplatz – Ein stationäres berufsbezogenes Gruppenprogramm (SBA)

Zusammenfassung

Zielgruppe des psychoedukativ-psychotherapeutischen Gruppenprogramms „Stressbewältigung am Arbeitsplatz“ sind erwachsene Patienten mit beruflicher Überlastung. Das Programm wurde in der Psychosomatik entwickelt und ist kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgerichtet. Es zielt auf eine verbesserte berufliche Wiedereingliederung durch Förderung eines angemessenen Umgangs mit verschiedenen Anforderungen am Arbeitsplatz. Wichtige Inhalte der Schulung bilden Zusammenhänge zwischen Arbeitsbelastungen und Gesundheit, Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten, Arbeitsbewältigung und berufliche Perspektiven. Das Gruppenprogramm „Stressbewältigung am Arbeitsplatz“ besteht aus 8 Einheiten und ist für eine Gruppe von 8 bis 10 Teilnehmern konzipiert. Die Schulung wird durch ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten geleitet. Eine Evaluationsstudie liegt vor.

Autoren Andreas Hillert, Stefan Koch, Susanne Hedlund Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
Lizenzhinweise publiziert
Bezugsquelle Hillert, A., Koch, S., Hedlund, S. (2007). Stressbewältigung am Arbeitsplatz – Ein stationäres berufsbezogenes Gruppenprogramm. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. ISBN: 978-3-525-49104-1 https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/psychologie-psychotherapie-beratung/arbeit-und-organisation/beratung-coaching-supervision/5541/stressbewaeltigung-am-arbeitsplatz
Kosten 49,99 Euro (Stand: November 2023)
Schlagworte berufliche Orientierung
Stand Version 2007 (1. Auflage)

Ziele und Inhalte

Zielgruppe des Programms
Fachgebiet/Indikation indikationsübergreifend,andere
Thema/Erkrankung Stressbewältigung am Arbeitsplatz
Zielgruppe des Programms Erwachsene
besondere Zielgruppenkriterien Einschlusskriterien einer objektiv beeinträchtigten Erwerbssituation:
  • – Arbeitslosigkeit oder in Aussicht stehender Verlust des Arbeitsplatzes
  • Erhöhte Arbeitsunfähigkeitszeiten (über zwölf Wochen innerhalb der vorausgegangenen zwölf Monate) Einschlusskriterien einer subjektiv erhöhten beruflichen Belastung:
  • Erhöhter selbsteingeschätzter Beitrag beruflicher Belastungen zur Erkrankung
  • Erhöhte berufliche Beeinträchtigung durch die Erkrankung
  • Erhöhte Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation
  • Gravierende Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten
  • Negative subjektive Erwerbsprognose Sofern möglich, ist die Auswahl von Gruppenteilnehmern mit ähnlichem Belastungshintergrund günstig.
Ausschlusskriterien
  • Fehlende Absicht zum beruflichen Wiedereinstieg (z. B. Hausfrauen/-männer)
  • Laufendes Rentenverfahren
  • Hoher, eine Gruppenteilnahme ausschließender Schweregrad der Grunderkrankung (z. B. BMI < 17 bei Anorexia nervosa), Akutphase einer Psychose des schizophrenen Formenkreises u. a.
  • Personen praktisch ohne Berufserfahrung, zum Beispiel Auszubildende im ersten Lehrjahr
Durchführung und Themen
Setting ambulant und stationär umsetzbar
Teilnehmerzahl 8-10 Teilnehmer
Anzahl der Einheiten 8 Einheiten
Dauer der Einheiten 90 Minuten (besser: 100 Minuten)
Frequenz der Einheiten 2 oder 3 Sitzungen pro Woche (je nach Dauer des stationären Aufenthalts)
Ziele und Inhalte
Ziele des Programms
  • Wissenserwerb
  • Training von Fertigkeiten
  • Einstellung zu gesundheitsgerechtem Lebensstil
  • Training der (krankheitsbezogenen) sozialen Kompetenz
Inhalte
  1. Arbeit und Gesundheit – Arbeit und Gesundheit – Belastungskreislauf und Lösungsansätze
  2. Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten – Soziale Kompetenz am Arbeitsplatz – Soziale Konflikte am Arbeitsplatz
  3. Arbeitsbewältigung – Grundlagen der Stressbewältigung – Umsetzung von Stressbewältigungsstrategien
  4. Berufliche Perspektiven – Individuelle Ressourcen und berufliche Neuorientierung – Abschlusssitzung: Bewerbungstraining oder Vertiefung relevanter SBA-Themen
Anmerkungen zu Zielen und Inhalten Das Programm wurde für Psychosomatik-Patienten im stationären Kontext entwickelt. Eine Adaptation für Patienten in der Orthopädie/Kardiologie wurde im Rahmen eines Projekts 2005-2007 durchgeführt. Eine Adaptation auf den ambulanten Bereich ist möglich. Die Ziele der einzelnen Einheiten sind im Manual konkret definiert.

Didaktik und Methoden

Benutzte Methoden
Methodenliste
  • Vortrag
  • Diskussion
  • Verhaltenstraining oder Übung oder Rollenspiel
  • Einzelarbeit
Anmerkungen zu Methoden Zwischen den Einheiten werden Hausaufgaben angeboten, die stets zu Beginn der folgenden Einheit besprochen werden.
Strukturierungsgrad
Gruppenstruktur geschlossen
(Detailtiefe der Vorgaben, die vom Konzept formuliert werden)
Strukturierungsgrad Methoden hoch
Strukturierungsgrad Zeit hoch
Strukturierungsgrad Struktur mittel
Anmerkungen zur Struktur und Flexibilität
Einbindung externer Ressourcen
Nachsorgemaßnahmen k. A.
Vorbereitungsmaßnahmen In einem Vorgespräch (Einzel/Gruppe) werden die Patienten mit den verschiedenen Schwerpunkten des Programms sowie dessen Zielsetzungen vertraut gemacht.
Einbezug von Angehörigen nicht vorgesehen
Maßnahmen zum Alltagstransfer Rollenspiele, z.B. zu Konflikten am Arbeitsplatz. Zahlreiche Einzelarbeiten zur Übertragung der Inhalte (z.B. Strategien der Stressbewältigung) auf die individuelle Situation. Arbeitsmaterialien für Patienten für zu Hause.
Einbezug von Selbsthilfeorganisationen k. A.
Anmerkungen zu externen Ressourcen Einbindung in Klinikangebote: Zusammenarbeit mit sozialtherapeutischer Beratung; üblicherweise Empfehlungen zu weiteren Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Rahmenbedingungen

Angaben zu den Dozent:innen
Dozent:innen Ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten. Nach Möglichkeit Einbezug der sozialtherapeutischen Abteilung.
Qualifikation des Personals Erfahrung im Umgang mit Gruppen.
Besonderheiten zum Personal Im Fall der Teilung der Gruppe in der 8. Einheit werden in dieser Einheit 2 Therapeuten benötigt.
Ausstattung und Material
Materialien der Schulung Alle benötigten Vorlagen für Folien und Arbeitsblätter sind im Programm enthalten.
räumliche Voraussetzungen k. A.
Besonderheiten zur Ausstattung Flip-Chart, Overhead-Projektor

Evaluation und Publikationen

Zusammenfassung der Evaluation

Quelle Koch, S., Hedlund, S., Rosenthal, S. & Hillert, A. (2006). Stressbewältigung am Arbeitsplatz: Ein stationäres Gruppentherapieprogramm. Verhaltenstherapie, 16, 7-15.
Beteiligte Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck, Prien/Chiemsee
Zeitpunkt Patienten wurden zwischen April 2002 und Juni 2003 in der Klinik Roseneck in die Studie aufgenommen.
Kontext interne Evaluation
Evaluationsart summative Evaluation
Design Kontrollgruppenstudie
Stichprobe

N=289; Alter: 18-50 Jahre

Setting: stationäre psychosomatische Rehabilitation

Einschlusskriterien: beruflich hoch belastete Patienten, d.h. arbeitslos/ AU > 12 Wochen im vergangenen Jahr und subjektiv erhöhte berufliche Belastung Ausschlusskriterien: Suchterkrankung, Erkrankung des schizophrenen Formenkreises

Kontrollgruppe

Interventionsgruppe (IG): psychosomatische Standardtherapie und 8 SBA-Einheiten à 100 Minuten

Kontrollgruppe (KG): psychosomatische Standardtherapie und 8 Einheiten allgemeines Problemlösen

Gruppenzuweisung Gruppenzuweisung über Zeitstichproben
Gruppengröße
  • IG: N=133
  • KG: N=156

Aus der IG wurden n=8 ausgeschlossenen, da sie an weniger als 6 der 8 SBA-Einheiten teilgenommen hatten.

Katamnese
  • t1: Klinikaufnahme
  • t2: Klinikentlassung
  • t3: 3-Monats-Katamnese (Rücklauf: 79%)
  • t4: 12-Monats-Katamnese (siehe Koch, Geissner & Hillert, 2007)
Erhebungsinstrumente
  • Hauptzielgrößen: Indikatoren der Erwerbstätigkeit
  • Erwerbsstatus
  • AU-Zeiten
  • Rentenwunsch
  • selbst eingschätzte Erwerbsfähigkeitsprognose

  • berufsbezogene Therapiemotivation: FBTM

  • berufsbezogene Selbsteinschätzung: AVEM
  • Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung
  • positives Erleben und Verhalten: Skala Lebenszufriedenheit (IRES), euthymes Verhalten
  • berufliche Belastung: Arbeitszufriedenheit (ABB), Skala soz. Stressoren am Arbeitsplatz, Skala berufl. Sorgen (IRES), Skala erlebte Kontrolle im Beruf
  • berufliche Leistungsfähigkeit: Eigenentwicklung
  • berufsbezogene Behandlungszufriedenheit
  • Gesundheitsbezogene Selbsteinschätzung: SCL-90-R, SF-12

Für eine ausführliche Beschreibung der Verfahren siehe Koch, Hillert & Geissner (2007).

Schulungsleiter Die Schulung wurde durch speziell geschulte Diplompsychologen unter Supervision durchgeführt.
Primäre Zielgrößen

Günstigere Entwicklung der Erwerbstätigkeit und Abnahme der Rentenabsicht in der IG (t3).

Kein Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich AU-Zeiten (t3).

Weitere Zielgrößen

Zu t3 weist die IG im Vergleich zur KG ein höheres Kontrollerleben im Beruf auf, eine günstigere Entwicklung der AVEM-Typen, höhere Lebenszufriedenheit, höhere Zufriedenheit mit berufsbezogenen Behandlungsinhalten.

Es werden signifikante und nicht signifikante Ergebnisse berichtet.

Diskussion In beiden Gruppen nimmt die Erwerbstätigkeit von t1 zu t3 ab, in der IG ist die Abnahme jedoch signifikant geringer. Das Programm SBA wirkte sich also günstig auf den Erhalt der Erwerbstätigkeit aus.
Weiteres In einem weiteren Artikel (Koch, Geissner & Hillert, 2007) werden die Ergebnisse zur 12-Monats-Katamnese berichtet: 12 Monate nach Rehabilitation waren in der IG im Vergleich zur KG weniger Patienten aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und die Patienten der IG waren mit der Behandlung beruflicher Problemlagen insgesamt zufriedener.

weitere Publikationen
  • Evaluation des Programms: Koch, S., Hedlund, S., Rosenthal, S. & Hillert, A. (2006). Stressbewältigung am Arbeitsplatz: Ein stationäres Gruppentherapieprogramm. Verhaltenstherapie, 16, 7-15.
  • Koch, S., Geissner, E. & Hillert, A. (2007). Berufliche Behandlungseffekte in der stationären Psychosomatik. Der Beitrag einer berufsbezogenen Gruppentherapie im Zwölf-Monats-Verlauf. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 55 (2), 97-109.
  • Diagnostische Verfahren: Koch, S., Hillert, A. & Geissner, E. (2007). Diagnostische Verfahren zum beruflichen Belastungs- und Bewältigungserleben in der psychosomatischen Rehabilitation. Rehabilitation, 46, 82-92.
  • Überblicksartikel zu berufsbezogenen Behandlungsangeboten: Koch, S. & Hillert, A. (2008). Berufsbezogene Behandlungsangebote in der psychosomatischen Rehabilitation. In Schmid-Ott, G., Wiegand-Grefe, S., Jacobi, C., Paar, G., Meermann, R. & Lamprecht, F. (Hrsg.), Psychosomatik in der Rehabilitation: Versorgungsstrukturen, Behandlungsangebote, Qualitätssicherung (S.232-254). Stuttgart: Schattauer.

Train-the-Trainer

spezifisches TTT vorhanden? ja
Informationen zum TTT Workshops zu berufsbezogener Gruppentherapie (Schulungsprogramme SBA, GSA) Ansprechpartner: Dr. Stefan Koch, Psychologischer Psychotherapeut Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck Am Roseneck 6 83209 Prien am Chiemsee E-Mail: skoch@schoen-kliniken.de Beschreibung in der TTT-Börse des Zentrums

Anmerkungen zum gesamten Programm

Stand des Eintrags: 07.01.2009