Psychoedukation Depressionen – Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen

Zusammenfassung

Das stationäre Programm „Psychoedukation Depressionen – Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen“ hat erwachsene Patienten mit Depression sowie deren Angehörige als Zielgruppe. Wichtige Inhalte des Programms bestehen in der Aufklärung über die Symptome der Erkrankung, der Vermittlung des Vulnerabilitäts-Stress-Modells, der Vorstellung verschiedener Behandlungsmöglichkeiten sowie der Vermittlung von Möglichkeiten des Umgangs mit der Erkrankung. Das Programm ist auf 8 Unterrichtseinheiten konzipiert und wird für eine Gruppe von 8 bis 12 Patienten bzw. Angehörige empfohlen. Das Schulungsteam besteht im Idealfall aus zwei Schulungsleitern unterschiedlicher Profession. Dabei sollte ein Arzt oder Psychologe im Team vertreten sein. Eine formative Evaluation liegt vor.

Autoren Gabriele Pitschel-Walz, Josef Bäuml, Werner Kissling
Lizenzhinweise publiziert
Bezugsquelle Pitschel-Walz, G., Bäuml, J. & Kissling, W. (2003). Psychoedukation Depressionen. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer. ISBN-10: 3-437-56430-7
Kosten 48,95 Euro (Stand: Juli 2011)
Schlagworte
Stand Version 2003
Anmerkungen zum Bezug Ein das Manual ergänzendes Ratgeberbuch für Patienten, Angehörige und interessierte Laien kann parallel zu den einzelnen Einheiten zur Vertiefung des Wissens eingesetzt werden. Bezugsquelle: Pitschel-Walz, G. (2003). Lebensfreude zurückgewinnen. Ratgeber für Menschen mit Depressionen und deren Angehörige. München: Urban & Fischer. – ISBN-10: 3-437-56440-4 – Kosten: 26,95 Euro (Stand: Juli 2011)

Ziele und Inhalte

Zielgruppe des Programms
Fachgebiet/Indikation Psychosomatik
Thema/Erkrankung Depression
Zielgruppe des Programms Erwachsene,Angehörige von Patienten
besondere Zielgruppenkriterien Patienten, die gegenwärtig unter Depressionen leiden (ICD-10-Diagnosen: F31, F32, F33, F34.0, F34.1, F43.20, F43.21, evtl. auch F06.32, F1x.54, F20.4 und F25.1) und deren Angehörige
Ausschlusskriterien
  • fehlende Gruppenfähigkeit
  • mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache
Durchführung und Themen
Setting stationär
Teilnehmerzahl Empfehlung: 8 bis 12 Patienten oder Angehörige
Anzahl der Einheiten 8 Einheiten Anmerkung: Das Programm kann auch in verkürzter oder verlängerter Form angeboten werden.
Dauer der Einheiten Patientengruppe: 60 Minuten; Angehörigengruppe: 90 Minuten
Frequenz der Einheiten Empfehlung für Patientengruppe (stationäres Setting): 2 Einheiten pro Woche
Ziele und Inhalte
Ziele des Programms
  • Wissenserwerb
  • Einstellung zu gesundheitsgerechtem Lebensstil
  • Unterstützung zur Reduktion von Angst und Depressivität
Inhalte
  1. Einführung
  2. Was sind Depressionen?
  3. Was wissen wir über die Ursachen?
  4. Wie werden Depressionen behandelt? Schwerpunkt: Medikamente, Nebenwirkungen, Akuttherapie, Rezidivprophylaxe
  5. Wie werden Depressionen behandelt? Schwerpunkt: Psychotherapie, ergänzende Therapieformen, soziotherapeutische Maßnahmen
  6. Wie soll man mit der depressiven Erkrankung umgehen? Schwerpunkt: Steigerung angenehmer Aktivitäten
  7. Wie soll man mit der depressiven Erkrankung umgehen? Schwerpunkt: Negative Gedanken erkennen und korrigieren, Krisenplan bei Zuspitzung von suizidalen Gedanken
  8. Rückblick und Ausblick
Anmerkungen zu Zielen und Inhalten Frequenz der Einheiten (Empfehlung für Angehörigengruppe): – 1 Einheit pro Woche bzw. 1 Einheit 14-tägig – 1 Einheit pro Monat (evtl. bei Angehörigen von chronisch kranken Patienten) Für eine gründliche inhaltliche Vorbereitung der psychoedukativen Einheiten und zur Vertiefung des Hintergrundwissens wird auf entsprechende Kapitel im Ratgeberbuch und auf die wissenschaftliche Literatur, aktuelle Lehrbücher und Artikel verwiesen. Grundstruktur der einzelnen Einheiten: – Dokumentation der Teilnehmer – Begrüßung – Eröffnungsrunde – Wiederholung – Erarbeitung des Themenschwerpunkts/der Themenschwerpunkte der Sitzung – Blitzlicht – Hinweis auf entsprechende Seiten im Ratgeber und Austeilen des schriftlichen Materials – Verabschiedung Die Lernziele sind im Manual konkret definiert.

Didaktik und Methoden

Benutzte Methoden
Methodenliste
  • Vortrag
  • Diskussion
  • Kleingruppenarbeit
  • Einzelarbeit
Anmerkungen zu Methoden
Strukturierungsgrad
Gruppenstruktur beides
(Detailtiefe der Vorgaben, die vom Konzept formuliert werden)
Strukturierungsgrad Methoden mittel
Strukturierungsgrad Zeit mittel
Strukturierungsgrad Struktur mittel
Anmerkungen zur Struktur und Flexibilität Gruppenstruktur: Wenn organisatorisch möglich, wird die Durchführung der Schulung in geschlossener Gruppe empfohlen. Ablauf: Die Reihenfolge der Themen ist idealtypisch gedacht. In der Praxis kommt es jedoch darauf an, die Informationsinhalte und emotionalen Themen situationsgerecht zu verzahnen.
Einbindung externer Ressourcen
Nachsorgemaßnahmen Sowohl in der Patienten- als auch in der Angehörigengruppe findet ein Nachtreffen statt. Themen: – Bericht der Teilnehmer über bisher Erreichtes – aktuelle Probleme – Wiederholung der wichtigsten Informationen – Zukunftsplanung – Abschied
Vorbereitungsmaßnahmen Erstellung eines Terminplans durch die Gruppenleiter
Einbezug von Angehörigen Die Schulung der Angehörigen ist Teil des Schulungskonzepts. Spezielle Hinweise für die Gestaltung der Angehörigenschulung werden im Manual aufgeführt.
Maßnahmen zum Alltagstransfer
  • Erstellung eines Aktivitätenplans
  • Ausarbeitung eines Krisenplans im Falle einer suizidalen Zuspitzung
Einbezug von Selbsthilfeorganisationen Adressen von Selbsthilfeorganisationen werden genannt. Weiterhin wird dazu angeregt einen Vertreter einzuladen, der über Selbsthilfegruppen und deren Aktivitäten authentisch Auskunft geben kann.

Rahmenbedingungen

Angaben zu den Dozent:innen
Dozent:innen Arzt oder Psychologe Als Co-Therapeuten kommen alle anderen in der Psychiatrie tätigen Berufsgruppen in Frage (psychiatrische Fachkrankenschwestern und -pfleger, Sozialpädagogen, Ergotherapeuten etc.). Idealerweise sollte die Schulung von zwei Gruppenleitern aus verschiedenen Berufsgruppen durchgeführt werden.
Qualifikation des Personals Für die theoretische Vorbereitung der Gruppenleiter wird neben dem Durcharbeiten der entsprechenden Litertur auch die Teilnahme an einem Psychoedukations-Trainings-Workshop empfohlen. Für die praktische Ausbildung der Gruppenleiter wird – entsprechend den Leitlinien zur Ausbildung der Gruppenleiter psychoedukativer Gruppen in der Schizophreniebehandlung – ein stufenweises Vorgehen vorgeschlagen (Einstieg als Co-Leitung, Leitung zusammen mit einem erfahrenen Co-Leiter, Leitung mit regelmäßigen Supervisionsgesprächen, eigenverantwortliche Leitung mit Anleitung eines unerfahrenen Kollegen).
Besonderheiten zum Personal
Ausstattung und Material
Materialien der Schulung

Auf einer dem Manual beigefügten CD-ROM sind alle für die Durchführung der Schulung benötigten Vorlagen für Folien, Fragebögen, Informations-, Arbeits- und Formblätter enthalten.

räumliche Voraussetzungen ruhiger, ausreichend großer Gruppenraum
Besonderheiten zur Ausstattung Flip-Chart oder Tafel, Overheadprojektor, evtl. Videoabspielgerät

Evaluation und Publikationen

Zusammenfassung der Evaluation

Quelle

Pitschel-Walz, G., Bäuml, J. & Kissling, W. (2003). Psychoedukation Depressionen. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer.

Beteiligte

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU München

Zeitpunkt

1998 bis 2002

Kontext

Pilotstudie (DIP Pilotstudie I, DIP Pilotstudie II)

Evaluationsart

formativ

Design

Prä-Post-Vergleich

Stichprobe
  • n (Patienten DIP Pilotstudie I)=91
  • n (Patienten DIP Pilotstudie II)=98

  • Geschlecht (Patienten DIP Pilotstudie I und II): 75% weiblich

  • Alter (Patienten DIP Pilotstudie I und II): 23 bis 90 Jahre (Median: 56 Jahre)

n (Angehörige DIP Pilotstudie I und II)=50

  • Geschlecht (Angehörige DIP Pilotstudie I und II): 60% weiblich
  • Alter (Angehörige DIP Pilotstudie I und II): 20 bis 77 Jahre (Median: 54 Jahre)

Einschlusskriterien:

  • Patienten mit einer Depression, für die eine medikamentöse Behandlung indiziert ist (Erst- als auch wiederholt Erkrankte)
    • derzeit in stationärer oder teilstationärer Behandlung
    • Patienten während der ambulanten Langzeitbehandlung in der Poliklinik
  • Angehörige: Partner, Eltern, Geschwister, erwachsene Kinder und sonstige für den Patienten bedeutende Personen

Ausschlusskriterien:

  • akute Suizidalität
  • keine ausreichenden Deutschkenntnisse
Kontrollgruppe

Durchführung eines vorläufigen Curriculums zu psychoedukativen Gruppen bei Depression

keine Kontrollgruppe vorhanden

Gruppenzuweisung

keine Kontrollgruppe vorhanden

Gruppengröße
  • n (Patienten DIP Pilotstudie I)=91
  • n (Patienten DIP Pilotstudie II)=98
  • n (Angehörige DIP Pilotstudie I und II)=50

keine Kontrollgruppe vorhanden

Katamnese

prä, post

Erhebungsinstrumente

Zielgrößen:

  • DIP Pilotstudie I: Testung des
    • störungsspezifischen Konzepts
    • der praktischen Durchführung der Gruppen
    • des schriftlichen Materials
  • DIP Pilotstudie II: Erfassung von Gründen für Compliance und Noncompliance von Patienten mit Depressionen

Erhebungsinstrumente:

  • Arzt
    • Diagnose (ICD-10)
    • Medikation
    • Compliance
    • Clinical Global Impression (CGI)
    • HAM-D (Hamilton, 1960)
  • Patient
    • Krankheitsvorgeschichte
    • Beck Depressions Inventar (Beck et al., 1961)
    • Gründe für Compliane/Noncompliance (Pitschel-Walz, 2000)
  • Patient/Angehöriger
    • Soziodemographische Daten
    • Wissensfragebogen (Görnitz, 2002)
    • Dysfunktionale Einstellungen (Weissman, 1979)
    • Automatische Gedanken (Hollon & Kendall, 1980)
    • Feedback
Schulungsleiter

k. A.

Primäre Zielgrößen

praktische Durchführung der Gruppen:

  • Das Programm konnte gut in den Stationsalltag integriert werden.
  • Die Rekrutierung für die Angehörigengruppen bei Depressionen erwies sich als etwas schwieriger als für die Angehörigengruppen bei schizophrenen Psychosen.

Akzeptanz der Gruppen:

  • Die Mehrzahl der Patienten (91%) und alle Angehörigen (100%) erlebten die Gruppe als hilfreich oder sehr hilfreich.
  • Die Mehrzahl der Teilnehmer hielt die Anzahl der Treffen für angemessen.
  • Die Mischung aus Informationsvermittlung durch Professionelle und Erfahrungsaustausch unter ähnlich Betroffenen entsprach den Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen.

Wissenszuwachs:

  • 95% der Patienten und 100% der Angehörigen fühlten sich nach Abschluss der Gruppe sehr gut oder gut informiert.
  • Das krankheitsbezogene Wissen konnte bei Patienten und Angehörigen signifikant verbessert werden.

Depressive Symptomatik:

  • Die Depressivität der Patienten ging signifikant zurück (Einschränkung: parallele Behandlung der Patienten in der Klinik).

Dysfunktionale Gedanken und Einstellungen:

  • Das Ausmaß an automatischen Gedanken sowie die dysfunktionalen Einstellungen der Patienten wurden signifikant reduziert (Einschränkung: parallele Behandlung der Patienten in der Klinik).

Effektstärken werden nicht berichtet.

Diskussion

Die Autoren betonen die Notwendigkeit von weiteren Studien zur Überprüfung der langfristigen Auswirkungen des Programms und eines möglichen Einflusses auf die Rückfallhäufigkeit. Hierzu werden randomisierte Studien mit Kontrollgruppendesign und Katamnesen nach mindestens 12 Monaten vorgeschlagen.

Train-the-Trainer

spezifisches TTT vorhanden? keines bekannt

Anmerkungen zum gesamten Programm

Stand des Eintrags: 19.08.2010 (redaktionelles Update: November 2023)