ZePG-Qualitätskriterien der Patientenschulung

Stand: 25. April 2024

Die Qualitätskriterien der Patientenschulung wurden mit 44 Expert:innen und Vertreter:innen aus Fachgesellschaften, therapeutischen Berufsverbänden, Sozialleistungsträgern, Leistungserbringern und Patient:innen konsentiert. In einem zweistufigen Delphi-Prozess wurden die Überarbeitungen und Erweiterungen früherer Qualitätskriterien des ZePG (Ströbl et al. 2007) konsentiert.

Nach der Definition und Zielen von Patientenschulung (A) folgen Qualitätskriterien, die eine Patientenschulung aus Sicht aller Expert:innen erfüllen sollte (B). Von zusätzlichen Qualitätsmerkmalen (C) wird angenommen, dass sie die Patientenschulung verbessern könnten. Diese müssen nicht erfüllt sein, um von einer Patientenschulung sprechen zu können. Definition, Qualitätskriterien und -merkmale finden Sie unten aufgeführt oder als PDF in der nebenstehenden Dokumentenspalte.

Das methodische Vorgehen wurde im September 2023 in einem Vortrag erläutert (Reusch et al., 2023) und in der in der Zeitschrift Psychosoziale und Medizinische Rehabilitation veröffentlicht (Reusch et al., 2024).
Dank der freundlichen Genehmigung des Pabst-Verlags dürfen wir den Artikel auf dieser Seite zur Verfügung stellen. Sie finden ihn in der nebenstehenden Dokumentenspalte.

Reusch, A., Küffner, R., Vogel, H., Worringen, U., Becker, P., Jaeschke, R., Neuderth, S. (2024) Neue Qualitätskriterien für die Patientenschulung – Ergebnisse eines mehrstufigen Delphi-Prozesses, Psychosoziale und Medizinische Rehabilitation, 37:153-165. DOI: 10.2440/008-0023

Qualitätskriterien 2023

Hier finden Sie die unten aufgeführte Liste der Kriterien als PDF.
(Stand: 15.09.2023)

Poster zu den Qualitätskriterien

Die Posterpräsentation zu den Kriterien (33. Reha-Kolloquium 2024 in Bremen, Stand: 16.03. 2024)

Artikel zu den Qualitätskriterien

Aus der Zeitschrift „Psychosoziale und Medizinische Rehabilitation“ – Veröffentlichung mit freundlicher Authorisierung des Verlags.

Der Artikel ist auch im open access des Pabst-Verlags als „Beitrag des Monats“ (Juni 2024) nachzulesen.

A. Definition von Patientenschulung

Eine Patientenschulung ist ein Gruppenangebot oder eine individuelle Schulung 

für Menschen mit (chronischen) Erkrankungen und ggf. ihre Bezugspersonen,
die von fachlich qualifizierten Personen
als geplante Intervention
zielorientiert angeboten wird.

Ziel der Patientenschulung ist die Stärkung individueller Gesundheitskompetenzen.

Durch die Vermittlung von Wissen und Einübung von Fertigkeiten (Gesundheitskompetenzen) 
werden die Teilnehmenden in die Lage versetzt und motiviert, informierte und selbstbestimmte Entscheidungen zum Umgang mit der Erkrankung und damit verbundenen Funktionseinschränkungen zu treffen (Empowerment).
Damit sollen die Krankheitsakzeptanz und -bewältigung, Sicherheit und Zuversicht gefördert 
und eine gute Zusammenarbeit mit den Behandlern ermöglicht werden.
Es werden Fähigkeiten zum eigenverantwortlichen Umgang mit der Erkrankung gestärkt, Kompetenzen zur krankheitsspezifischen Kommunikation und zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil vermittelt (Selbstmanagement).

B. Qualitätskriterien, die eine Patientenschulung erfüllen sollte

B1

Die Patientenschulung ist theorie- und evidenzbasiert.

B1.1

Schulungsziele, -inhalte und -methoden entsprechen wissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuellen Leitlinien.

B1.2

Sie werden regelmäßig geprüft und angepasst.

B2

Die Inhalte der Patientenschulung sind über Lehrziele definiert.

B2.1

Die Lehrziele sprechen Kognitionen, Emotionen, Motivation/Volition und Verhalten der Teilnehmenden an.

B2.2

Die Lehrziele sind klar definiert und ihre Erreichung überprüfbar.

B3

Die Inhalte der Schulung werden an den Bedarfen und Bedürfnissen der Teilnehmenden orientiert.

B4

Die Schulung ist von methodischer Vielfalt geprägt.

Erläuterungen: Zur Informationsvermittlung dienen kurze Vorträge, schriftliche oder audio-visuelle Materialien. Zur Unterstützung der persönlichen Auseinandersetzung und Einstellungsänderungen werden Gespräche, Gruppenarbeiten und Selbsterfahrung eingesetzt. Fertigkeiten werden eingeübt und trainiert. Zur Förderung von Verhaltensänderungen und eines gesundheitsförderlichen Lebensstils werden individualisierte Strategien der Verhaltensmodifikation (Behaviour Change Techniques) genutzt.

B5

Die Schulungsmethoden werden ziel- und patientenorientiert umgesetzt und können in unterschiedlichen Formaten (Präsenz-, Online-, Gruppen- und/oder Einzel-Schulungen) angeboten werden.

B6

Lehrziele, Methoden und Format der Patientenschulung sind aufeinander abgestimmt.

Erläuterungen: Beim Gruppenformat werden soziale Unterstützung, soziale Vergleichsprozesse und der Erfahrungsaustausch begünstigt. Bei der Einzelschulung können individuelle Bedarfe besprochen und Bedürfnisse berücksichtigt werden. Eine Durchführung im geschlossenen Gruppenformat begünstigt die Gruppenkohäsion, die Offenheit und den persönlichen Austausch zwischen den Teilnehmenden. Ein homogenes Gruppenformat, z. B. bezogen auf Indikation, Alter und Lebensumstände, kann soziale Unterstützung und Austausch über Bewältigungsstrategien unterstützen. Ein heterogenes Gruppenformat, z. B. bezogen auf Einstellungen, Motivationslage und Fertigkeiten, kann Unterschiede deutlich machen und Modelllernen begünstigen.

B7

Das Konzept ist modular aufgebaut und flexibel nutzbar.

Erläuterungen: Eine Schulung setzt sich in der Regel aus mehreren Module („Stunden“) zusammen. Obligatorische Kernmodule können durch optionale Module ergänzt werden. Auch innerhalb eines Moduls können einzelne Lehrziele, Inhalte oder Methoden als obligatorisch oder optional definiert sein.

B8

Es liegt ein ausgearbeitetes Schulungskonzept vor.

Erläuterungen: Ein schriftliches Konzept (z. B. in Form eines Skripts, Curriculums oder Manuals) beschreibt die Schulung so, dass das Vorgehen inhaltlich und formal nachvollzogen werden kann.

Folgende Aspekte sind im Konzept mindestens beschrieben: Zielgruppe: Ein- und Ausschlusskriterien; Ziele der Schulung bezogen auf die Zielgruppe; Inhalte bezogen auf die definierten Ziele; Methoden, Medien und Materialien bezogen auf Zielgruppe, Ziele und Inhalte; minimaler/maximaler zeitlicher Umfang einzelner Einheiten und Gesamtdauer; Gruppengröße: minimale und maximale Zahl der Teilnehmenden; Qualifikation und erforderliche Kompetenzen der Schulenden.

C. Zusätzliche Qualitätsmerkmale, die eine Schulung verbessern könnten

C1

Die Ziele und Inhalte der Schulung sind gemeinsam mit Vertreter*innen der Zielgruppe definiert worden (Partizipation).

C2

Die Schulungsziele, -inhalte und -methoden sind mit relevanten therapeutischen Berufsgruppen gemeinsam erarbeitet worden (intra- bzw. interprofessionelle Konzepte).

C3

Die Schulung ist im inhaltlichen und organisatorischen Konzept der Einrichtung verankert.

Erläuterungen: Alle relevanten Mitarbeitenden der Einrichtung kennen die Inhalte der Schulung. Die Ziele und Inhalte der Schulung werden auch in anderen therapeutischen Angeboten aufgegriffen und ergänzt. Die Durchführung der Schulung ist organisatorisch definiert (Zuweisungsprozess, Raum- und Technikplanung, Personalressourcen).

C4

Die Schulung ist konzeptionell mit anderen Angeboten vernetzt.

Erläuterungen: Die Schulung zeigt weitere Unterstützungsangebote auf (z. B. Selbsthilfe, Nachsorge, Gesundheitskurse u.a.) Unterstützung durch Angehörige und soziale Netzwerke wird bei Bedarf angeregt.

C5

Die Teilnehmenden erhalten vor der Schulung Informationen zu Inhalten und Ablauf.

C6

Die Teilnehmenden werden nach der Schulung zur Umsetzung angeregt und bei der Aufrechterhaltung unterstützt (z. B. durch Nachsorgekontakte der Einrichtung).

C7

Die Schulung wird regelmäßig evaluiert (z. B. bezogen auf Akzeptanz und Zufriedenheit der Teilnehmenden, Zielerreichung), um ggf. das Schulungskonzept anpassen zu können.

C8

Die Qualität der Schulungsdurchführung wird gesichert, z. B. durch Supervision und Fortbildung der Schulenden und Qualitätszirkel.